Impuls
Unglaublich, aber wahr
Jeremia 31,3
Für einen besonderen Gottesdienst fehlte mir ein bestimmtes Beispiel. Meine Vorbereitungen stockten. Ich kam nicht weiter. Langsam wurde ich unruhig.
Am letzten Tag der Vorbereitungen wachte ich mit dem Gedanken auf: Wie soll das werden? Noch etwas schlaftrunken holte ich das „Abendblatt“ aus dem Briefkasten und musste mich gleich ärgern. Da hatte jemand statt des Abendblatts „Die Welt“ bei uns reingeworfen. So was blödes. Das war noch nie passiert und ist seitdem auch nicht wieder geschehen. In dieser Zeit hatte ich ständig Ärger und die Telefonnummer vom Aboservice hatte ich bereits gespeichert. Von sechs Zustellungen kamen drei bei uns an. Also: Der Tag begann mit einer Beschwerde; na klasse.
Als ich dann etwas widerwillig zur „Welt“ griff und zu Seite 5 kam, wäre mir beinahe mein Müsli im Hals stecken geblieben. Da stand genau der Artikel und die Grafik, die ich die ganze Zeit gesucht hatte. Im nachgelieferten Abendblatt stand sie nicht. Unglaublich, aber wahr.
Warum ich so lange zappeln musste, bis ich genau diesen Artikel in die Finger bekam, weiß Gott allein. Etwas früher wäre für meine Nerven schon besser gewesen.
Wie ich darauf komme? Bei einem Besuch erzählte jemand aus seinem Leben. Bewegend. Bei manchen Abschnitten musste ich schlucken. Was wurde da einem Menschen zugemutet! Und dann sagte mein Gegenüber: „Ich bin dankbar dafür, sonst würde ich heute nicht hier sitzen.“ Unglaublich, aber wahr.
Jeder kann vielleicht solche „unglaublich-aber-wahr-Geschichten“ erzählen. Und hätte man sie nicht selbst erlebt, man würde sie nicht glauben – so unglaublich sind sie.
Da ist ein junger Mann, der von allen, die ihn kennen, geliebt und bewundert wird. Ein sympathischer, charmanter Mensch, gesegnet mit besonderen Fähigkeiten. Er erzählt dann aber, wie eine kleine kritische Bemerkung seines Freundes ihn in einen Abgrund von Depression gestürzt hat. Und während er es erzählt, bekommt er Tränen in die Augen und krümmt sich vor Qual. Er meint, sein Freund habe seine selbst errichtete und die ihn schützende Mauer durchbrochen und ihn gesehen, wie er wirklich ist: ein hässlicher Heuchler, ein ekelhafter Typ hinter einer glänzenden Hülle. Unglaublich! Da sitzt ein hoch begabter junger Mann, der umschwärmt wird und dem alles zufällt – und er ist unglücklich mit seinem Leben. Um ihn herum sind Dutzende, die ihn wegen seiner Begabung beneiden. Aber schon jahrelang ist er mit der inneren Frage unterwegs: „Liebt mich irgendjemand wirklich? Kümmert sich irgendjemand wirklich um mich?“ Und jedes Mal, wenn er auf der Leiter des Erfolgs ein weinig höher gestiegen ist, denkt er: „Das ist nicht der, der ich wirklich bin; eines Tages wird alles zusammenfallen, und dann werden die Leute die Wirklichkeit sehen, dann kommt alles raus: Dass ich nicht gut bin.“
Diese Begegnung zeigt, wie viele Menschen ihr Leben so leben: Nie ganz sicher, dass sie geliebt werden, so wie sie sind.
Unglaublich, aber wahr. Wer es mit Gott zu tun bekommt, erlebt ganz unterschiedliche solcher Geschichten, vielleicht ist das eigene Leben eher ein Flickenteppich. Und das Verrückte – oder sollte ich besser sagen: Das Unglaubliche ist, dass der lebendige Gott uns begleitet. Ihm entgleitet nichts. Deshalb ist es nicht nur „Unglaublich“, sondern „unglaublich tröstlich“, Jesus an unserer Seite zu wissen.
Jürgen Wesselhöft
älterer Impuls